Vergaser
Mit passendem Werkzeug selbst einstellen


Dieser Artikel ist in der Clubzeitschrift des Citroen SM Clubs Deutschland erstmals erschienen. Die Clubzeitschrift erscheint für Mitglieder regelmäßig und beinhaltet stets aktuelle Erlebnisberichte, technische Artikel sowie Informationen über die aktuelle Ersatzteillage. Weitere Informationen auf der Clubseite.

von Andreas Heene

 

Ich hatte ja bisher das Glück, nach der Restaurierung meines Automatic-SM diesen bislang nicht selber einstellen zu müssen. Zudem bin ich meist eh mit dem Einspritzer gefahren, dessen Einstellung ohne Fachwissen recht leicht einzustellen ist, dafür genügt ein normales Multi-Messinstrument, wie man es bei CONRAD beispielsweise für ca. 15 € kaufen kann. Auch habe ich den IE-Messcomputer von Bosch mal erworben. Laut Dirk Müller nur was für Doofe, aber was soll’s, damit geht einem der Gesamtcheck der Einspritzanlage sehr komfortabel von der Hand. Man muss nur durchschalten und die Werte ablesen. Für mich war damit eigentlich immer der IE das problemlosere Auto - springt immer an und tut so gut wie immer.

Anders dagegen der Automatic. Der hat eine aufwändige Vergaseranlage aus 3 Weber-Doppelvergasern 42 DCNF/26 auf dem 3-Litermotor. Diese Vergaser machten mir immer wieder Ärger, allerdings habe ich da fälschlicherweise die Zündung verdächtigt - was ich auch früher mal an dieser Stelle beschrieben habe. Obwohl die Zündung eine MERAK-BOSCH-Zündung ist, die eigentlich über jeden Zweifel erhaben sein sollte. Aber der SM sprang immer sehr schwer an, auch im Sommer nur mit Choke - und einmal irgendein falsches Anlassmanöver und schon waren die Kerzen verrußt und nichts ging mehr. Diese mehrfachen Kerzenwechsel machten einfach keinen Spaß mehr - und im Lauf des Motors knallte und schoss es immer im Luftfilter und Auspuff dass es ein Graus war.

Da Dirk Müller ja nicht mehr im gewohnten Umfang zur Verfügung steht, musste ich selber ran - und das ohne tiefere Ahnung von dieser Vergaseranlage. Aber immerhin haben mir Carsten Bußmann und Gerold Röben per Mail und Telefon eine Kurzanleitung gegeben, so dass ich etwas Anfangswissen hatte. Den Rest musste ich mir aus dem Werkstattbuch konstruieren - aber dazu komme ich später.

Meinen BMW 2000C Automatic mit dem Einfach-Pierburgvergaser konnte ich immer sehr schön nach Gehör einstellen. Aber bei der Weber-Vergaseranlage des SM konnte das nicht gehen, soviel war klar. Also sann ich auf die Anschaffung neuen Einstellwerkzeuges, denn den SM wollte ich für die Einstellung nicht in fremde Hände geben - man will ja schließlich selbst wissen, wie es geht. Relativ schnell kam ich dann dazu, dass ich einen Sechser-Satz Boehm-Unterdruckuhren haben müsste. Diese habe ich dann im Internet gesucht und bin bei der Fa. Scheuerlein Motorentechnik fündig geworden - allerdings zu einem prohibitiven Preis, der bei mir eine Abwehrreaktion erzeugte. Also setzte ich mich ans Internet und begann zu suchen. Bis ich zwei fast gleiche Webseiten entdeckte, nämlich die der MEMO Computer GmbH und die der BOEHM-Computer GmbH aus München. Da waren die Unterdruckuhren baugleich abgebildet, lediglich der Name auf dem Zifferblatt war unterschiedlich. Bei beiden Webseiten fungierte ein Herr Boehm als Geschäftsführer. Meine Anfrage ergab dann, dass sogar die BOEHM-Uhren für nur wenig mehr als den halben Preis des anderen Anbieters zu bekommen waren. Also habe ich sie bestellt. Der Spaß hat mich letztendlich 177,15 € gekostet einschließlich Versand mit den dicken Einschraubadapterstutzen M8. Die Uhren machen natürlich nur Sinn, wenn man in den Ansaugrohren unter den Vergasern in den Gussstutzen auch die M8 Gewindebohrungen drin hat, um hier die Uhren anzuschließen. Der Uhrensatz der kam, waren originale BOEHM-Synchrotester mit allem Zubehör, diese Dinger sind qualitativ wirklich gut. (Bezugsquelle: Memo GmbH, Peter Kreuder Strasse 21, 81245 München, Tel.: 089/8211057, Fax: 089/80048683, www.vergaser-synchrontester.de).


Die Spielzeuguhren

Allerdings war schnell klar, dass ich mit den Uhren zwar die Vergaser in ihrer Mechanik und der Luftmenge synchronisieren konnte, aber nicht die Gemischregulierung. Auch hierfür gibt es ein sehr gutes Werkzeug, die so genannte Colourtune-Zündkerze. Leider habe ich hierfür keinen billigeren Alternativanbieter gefunden und musste die zum Normalpreis kaufen. Ein Sixpack hätte mir hier natürlich auch rausgehangen, aber das war preislich nicht machbar, zudem kann man die Kerzen ja umschrauben, weswegen ich mich mit zwei Kerzen begnügt habe. Diese Kerzen haben ein Glasfenster, durch das man die Verbrennung im Zylinder beobachten und über die Verbrennungsfarbe das Kraftstoff-Luftgemisches optimal einstellen kann.


Der Colourtune- Doppelsatz

Nun war die Werkzeugbasis geschaffen, und ich musste mich einarbeiten. Aber zunächstmal war eine Umbauaktion zu machen, denn ich hatte den Automatic bei der Restaurierung mit einem anderen Vergaser gleicher Bauart ausgerüstet, den ich mir hatte umrüsten lassen, weil er einfach nagelneu war und schöner aussah als der originale. Aber nun wollte ich auf den zwischenzeitlich ebenfalls auf neu überholten Originalvergaser (42 DCNF/26) rückrüsten. Also habe ich die ganze Anlage ausgetauscht, was den Vorteil hatte, dass ich dann beim späteren Einstellen immer ein Muster auf der Werkbank liegen hatte als Vergleich bzw. um die richtige Schraube zu finden.

So, dann ging’s ans Studium des Werkstattbuches. Denn das musste ja chronologisch die richtigen Arbeitsschritte vorgeben. Diese beschreibe ich dann mal hier im Folgenden, denn wir werden noch darauf kommen, inwieweit man sich nach dem Werkstattbuch richten kann.

Als erstes habe ich die Vergaser noch auf der Werkbank auf das Schließen der Drosselklappen überprüft und diese so an der Anschlagschraube des Hebels der Drosselklappenwelle eingestellt, dass diese genau geschlossen haben. Schaut mal nach im Buch, das ist auf Seite 142-0 Blatt 2 unter b) beschrieben. Nun soll man laut Werkstattbuch zum Justieren eine „Scheibe“ von 0,1 mm einlegen. Ich habe rumgesucht, im Teilekatalog und auch die Vergleichsvergaser überprüft, da war nirgendwo eine „Scheibe“ zu sehen. Bis ich dann durch Überlegen draufkam, was denn der Arbeitsgang bezwecken soll, dass da mit „Scheibe“ nur eine Fühlerblattlehre gemeint sein kann. Also ein Übersetzungsfehler im Werkstattbuch! Dann habe ich die Gestänge provisorisch zusammengehängt und den Leerlauf grob auf ca. 800 U/min eingestellt.

Der nächste Schritt war dann der Anschluss der Unterdruckuhren mit ihren Adaptern am Ansaugkrümmer. Aber wohin mit den Uhren - auf den Motor kann man die schlecht legen? Also habe ich mir zwei Klemmhaken aus alten Scheibenwischerfedern (die Flachfedern, die in den Gummis sind - die kann man für viele Dinge gebrauchen!) eine Aufhängung gebogen, die ich in die Schlitze der Motorhaube am hinteren Haubenrand einhängen kann. Damit es keine Kratzer gibt, habe ich die Haken mit Schrumpfschlauch bezogen.


Die Adapteranschlüsse am Ansaugrohr

Da hingen sie nun, die sechs Uhren und waren eine Augenweide. Bei solch schönem Spielzeug muss ich auch gleich ran, was ich Samstagnachmittag gemacht habe - mit laufender Maschine unter Ableitung der Abgaswolke zum Nachbarn, der gerade gartelte. Ich habe mich auch gleich entschuldigt, aber er meinte, das mache ja nix, es käme auf die Einstellung an. Ich hab‘ mir aber dann die Frage verkniffen, ob er seine Einstellung oder die des SM-Vergasers meinte - vermutlich meinte er beides. Immerhin gab’s keinen Ärger.

Also bei laufendem Motor die Uhren angeschaut - logischerweise war der Unterdruck der einzelnen Vergaser wie Kraut und Rüben in der Anzeige.


Die Uhren sprechen mit gespaltenen Zeigern

Nun kann man laut Werkstattbuch Seite 142-0 Blatt 3 unter d) den Unterdruck des jeweiligen Vergasers ab Baujahr 1/1971 an der Schraube (5) „vollkommen unabhängig messen“ Schon wieder ein Übersetzungsfehler! Bei dieser Schraube Nummer (5) auf dem betreffenden Bild, handelt es sich nämlich nicht um eine Messeinrichtung, sondern um eine Bypassschraube, mit der man durch Herausdrehen Luft an der Drosselklappe vorbei lassen kann, um damit den jeweiligen Vergaser eines Paares auf den anderen gleich einzustellen. Man kann also an der Schraube nicht „messen“, sondern EINSTELLEN!!! Diese Erläuterung aber nur am Rande und nun weiter im Einstellvorgang.

Die Uhren zeigten also unterschiedliche Werte an, die zu synchronisieren waren. Hierzu muss man zunächst mal jeden Einzelvergaser eines Doppelvergasers auf gleichen Luftdurchsatz zum Nachbar einstellen. Wiederum beschrieben auf Seite 142-0 Blatt 4 in der Mitte. Danach soll man sich den Einzelvergaser mit dem schwächsten Unterdruck markieren und diesen dann mittels der Bypassschraube angleichen. Schon wieder ist hier falsch übersetzt worden! Ich habe nämlich genau das Beschriebene versucht, woraufhin die Uhr des Vergasers aber rein NULL Reaktion zeigte. Ich dachte schon, die Dinger seinen eine Fehlkonstruktion, was sich aber zum Glück nicht bewahrheitete. Die Bypassschrauben sind nämlich normal eingedreht und lassen keine Luft durch, schraubt man sie auf, geht etwas Luft neben der Drosselklappe vorbei. Aber ist doch logisch: Wenn ich die Schraube aufmache und damit faktisch das Ansaugloch für die Luft vergrößere, wird der Unterdruck weniger und nicht mehr. Es muss also daher wie folgt richtig gemacht werden: Man sucht sich den Einzelvergaser eines Paares, das den geringsten Unterdruck, also den geringsten Zeigerwert hat. Diesen kann man dann nicht weiter herunterstellen, aber eben den Nachbar, der den höheren Druck hat. Bei diesem dreht man die Bypassschraube auf, und die zugehörige Uhr reagiert sofort mit fallendem Luftdruck. Diese Einstellung reguliert man dann fein ein und kontert die Bypassschraube, damit sie sich nicht mehr verstellt. Gleiches macht man bei den beiden anderen Doppelvergasern, wobei es aber egal ist, welchen absoluten Skalenwert die Doppelvergaser jeweils bringen, die Werte müssen nur links und rechts für jeden Doppelvergaser die gleichen sein.

Was man bei den Uhren noch beachten sollte, ist das am unteren Anschluss des Druckschlauches integrierte Dämpfungsventil mit Rändelschraube. Man kann durch Drehen der Rändelschraube die Zeiger ruhig stellen oder auch zittern lassen. Diese Ventile darf man natürlich nicht geschlossen lassen, sonst zeigen die Uhren nichts an oder bleiben hängen. Man muss die Ventile auch immer mal wieder nachregulieren, man hat also bei der Synchronisation wahrhaft alle Hände voll zu tun.

Ist die Synchronisation der Doppelvergaser erreicht, stimmt man die drei auf den gleichen Unterdruck ab, indem man nunmehr die Werte der vorderen und hintern Doppelvergaser auf den des mittleren einstellt an der Verbindungsstange der drei Doppelvergaser. Man schraubt einfach mit den Kontermuttern des jeweiligen Vergaserhebels mit der Hand, bis alle drei Doppelvergaser den gleichen Anzeigewert haben.


Ablesewerte nach vollständiger Synchronisation

Dann kann man die Kontermuttern an der Verbindungsstange festziehen, was aber nicht so einfach ist wie beschrieben, da man schlecht an manche Muttern rankommt. Hierbei kann sich auch die Synchronisation wieder etwas verstellen, weswegen man noch mal nachmessen und ggf. nochmals nachkorrigieren sollte. Stimmt dann alles, kann man die Messuhren demontieren, die Adapter am Ansaugrohr entfernen und wieder die Verschlussschrauben montieren.

Der ganze beschrieben Aufstand heißt aber noch nicht, dass der Motor perfekt läuft, denn es fehlt noch die Gemischeinstellung. Da kommt nun die Colourtune zum Einsatz.

Ich habe meine zwei Prüfkerzen anstelle der normalen Kerzen eingeschraubt und die Zündkabel so fixiert, dass ich beim Einstellen der Gemischschraube keinen gewischt bekomme. Die Dinger sind echt superklasse! Man sieht genau die Verbrennungsfarbe, die man auf „Bunsenblau“ einstellen muss. Weiß ist zu mager, orange zu fett, und wenn es grün wird, wird Motoröl mit verbrannt und der Motor muss eh heraus.

Die beiden ersten Kerzen blitzten mich total weiß an - die Einstellung war viel zu mager! Ich hatte die Gemischschrauben vor der Vergasermontage mit dem Grundeinstellungswert von 2,5 Umdrehungen herausgedreht, was so der Wert beim 2,7 Liter Motor ist. Nach dem weißen Verbrennungsbild habe ich dann sofort die vier anderen Zylinder um eine weitere Umdrehung herausgedreht, worauf der Motor schon viel runder lief. Die Einstellung mit der Colourtune habe ich dann in drei Schritten (3 x 2) erledigt und nichts wurde grün und die Einstellung kam schön auf Bunsenblau an allen sechs Töpfen. Klar, beim Umschrauben habe ich mir ein paar Mal die Finger verbrannt, aber das kennt man ja. Wenn das alles gewesen wäre! Als ich die zweiten Zylinder testete, sah ich auf einmal was vom hinteren Vergaser runtertropfen. Sofort bin ich hellwach rumgesprungen und habe die Maschine ausgemacht und die Tropfstelle befingert. SPRIT!!!! Die Siebe der Vergaser waren beim Überholen nicht fest genug angezogen worden. Es sind zwar Pappdichtungen unter den Muttern, aber die müssen festgeknallt werden, wie ich am anderen Vergaser auf der Werkbank feststellen musste: Ein Glück, dass der SM nicht wieder gebrannt hat!

Der Einstellwert der Gemischschrauben ergab sich bei meinem 3 Liter Automatic dann bei knappen 4 Umdrehungen.

Der Rest der Einstellarbeiten verlief dann planmäßig und problemlos. Der Motor springt nun wieder sehr schön schnell an und läuft rund. Ich meine, der finanzielle Einsatz für die Werkzeuge hat sich gelohnt, denn für deren Preis hätte ich zwar vielleicht auch eine Einstellung in einer Werkstatt bekommen, aber wie gut wäre diese gewesen - und ich hätte dann eben nicht die Werkzeuge?!. Das war bis hierhin ein Nullsummenspiel, und mit der nächsten Einstellung bin ich in den schwarzen Zahlen. Zeitlich habe ich für die Einstellung drei Stunden gebraucht, den Vergaserumbau nicht mitgerechnet.


Nur wenn man sich fragt, warum seinerzeit in Deutschland die Mechaniker den SM nicht richtig gewartet haben oder das Auto nicht verstanden - mich wundert das nicht, wenn schon in der originalen Werks-Einstellanleitung der Vergaseranlage gleich drei Übersetzungsfehler an entscheidender Stelle sind! Wundert es einen da noch, dass manche SM nie richtig fuhren? Entscheidend ist natürlich, dass man mit etwas Nachdenken auf die Würmer kommen kann - aber Denken war wohl seinerzeit nicht zwingend angesagt.

Am besten nehmt Ihr alle Eure Werkstattbücher und streicht die fehlerhaften Erläuterungen durch und ersetzt sie durch die richtigen.